Kompromiss statt Konfrontation

Warum informelle Beteiligung Zeit spart 



Vorhaben rund um die Energiewende sollen verschlankt und beschleunigt werden, so sieht es die sogenannte Deutschlandgeschwindigkeit vor. Warum es sich dennoch lohnt, intensiv mit den Menschen vor Ort zu diskutieren, erzählen die für die Genehmigung in den Abschnitten A4 und B1 verantwortliche Abschnittsleiterin Corina Zech und  Bürgerreferent Dirk Schulte.

Im nördlichen Landkreis Rotenburg, dem Abschnitt A4,  wurden die meisten Einsprüche und Vorschläge zu SuedLink bereits während der Planungen geklärt. Im formellen Planfeststellungsverfahren gibt es nun so wenige Einwendungen, dass der eigentlich übliche Erörterungstermin entfällt. Eine Zeitersparnis für alle Beteiligten!

Formelle Genehmigungsverfahren werden aktuell stark verkürzt. Damit einher geht die Diskussion, auch die informelle Beteiligung zu streichen, um Zeit zu sparen. Warum lohnt sie sich aus deiner Sicht - vor allem wenn man den aktuellen Fall aus dem Abschnitt A4 anschaut - dennoch, die Leute vorab zu beteiligen?

Dirk Schulte: Unsere informelle Beteiligung hat das Projekt nicht verlängert, sondern verkürzt: Mit den richtigen Leuten im Team haben wir es geschafft, Konflikte bereits in dieser Planungsphase zu lösen und damit in späteren Phasen richtig Zeit zu sparen. Im Abschnitt A4 hat das so gut geklappt, dass wir gar keinen Erörterungstermin mehr gebraucht haben.  

Corinna Zech: Kurz vor der Einreichung hatten wir noch ein paar Termine mit Landwirtinnen und Landwirten, da ging es noch um letzte Detailfragen, z.B. zu Drainagen. Die Trassierung selbst war gar kein Thema mehr. Durch die intensive informelle Beteiligung konnten wir viele Bedenken bereits im Vorfeld nehmen und sinnvolle Kompromisse finden

Die informelle Beteiligung bedeutet auch den kontinuierlichen, direkten Kontakt mit Betroffenen. Wie hat das Verfahren davon profitiert?

Dirk Schulte: Bedenken ausräumen, Verbesserungen umsetzen und Kompromisse finden. Das ist natürlich deutlich leichter, wenn die Betroffenen Gesichter und Namen von echten Menschen statt nur eine Hotline kennen. Landwirtinnen und Landwirte bzw. Eigentümerinnen und Eigentümer kennen ihren Grund und Boden genau. Wir hatten z.B. den Fall, dass ein Landwirt angemerkt hat: Wenn ihr das Kabel auf dieser Seite des Wegs verlegt, muss ich meine Melkstation abbauen und umsetzen. Könnt ihr nicht auf der anderen Seite verlegen? Natürlich planen wir das dann entsprechend ein, wenn wir vorab Bescheid wissen und keine triftigen Gründe dagegen sprechen. Wäre das erst im formellen Verfahren aufgekommen, wäre der Planungsprozess deutlich zeit- und kostenintensiver geworden. Und es kostet auch mehr Nerven – bei allen Beteiligten.  

Corinna Zech: Ich habe schon gesehen, dass wir die Akzeptanz deutlich steigern konnten, indem wir die Menschen von Anfang an mitgenommen, ihre Ortskenntnis, aber auch ihre Bedenken ernst genommen haben. Viele Leute sind nicht prinzipiell dagegen. Es gab einfach Rückfragen und Unsicherheiten. Die konnten wir klären. Durch diesen guten Draht zu den Menschen vor Ort war auch das Verständnis größer, wenn wir bestimmte Hinweise nicht aufnehmen konnten. Wir haben dann erklärt, warum das in diesem Fall nicht funktioniert, das haben die meisten akzeptiert. 

Was waren Themen, Sorgen oder Ängste, die ihr durch eure Gespräche ausräumen konntet, bevor das formelle Verfahren begonnen hat?

Dirk Schulte:  Landwirtschaftliche Ertragseinbußen und Entschädigungen waren ein großes Thema. Mit den Felduntersuchungen und der Rahmenvereinbarung mit den Landwirtschaftsverbänden konnten wir in diesen Punkten für Sicherheit sorgen. Ich denke, Verlässlichkeit ist ein zentraler Punkt in einem Vorhaben wie SuedLink. 

Corinna Zech: ​Ich würde noch die Drainagen ergänzen. Wenn die beschädigt werden, steht im schlimmsten Fall das Feld unter Wasser und die Ernte ist dahin. Und ich denke, dass wir mit vielen Terminen vor Ort und persönlichen Gesprächen bei der informellen Beteiligung unterstreichen konnten, dass wir ein verlässlicher Partner sind. Jetzt in der Planungsphase, im Bau und später im Betrieb der Leitung. 

Vielen Dank für das Gespräch!