
Transport der Superlative
Wie die größten Kabeltrommeln der Welt
(mit Zwischenstopp) zur Baustelle kommen
Unsere Logistikexperten:

Konstantin Gums arbeitet seit 2020 für SuedLink. Er ist als Leiter Logistik für den Abschnitt von TransnetBW zuständig.

Tom Bublitz arbeitet als externer Dienstleister für die Firma Jacobs. Er ist mitverantwortlich für die Kabellogistik von TenneT.
Lasst uns einmal ganz von vorne anfangen. Kabellogistik bei SuedLink: Worum geht es da?
Tom Bublitz (TB): Es geht um die Herausforderung, die weltweit größten Kabeltrommeln von den Produktionsstätten in Schweden und Frankreich erst mal nach Deutschland in die Kabelzwischenlager zu bringen und von dort dann später auf die Baustelle. Und das Ganze per Schiff und per Schwertransporter. Jeder Schwerlasttransport ist bis zu 43 Meter lang und 179 Tonnen schwer! Da ist es gar nicht so einfach, eine Genehmigung zu bekommen. Ganz zu schweigen davon, überhaupt erstmal geeignete Strecken zu finden.
Von welcher Strecke sprechen wir denn?
TB: Der Kabeltransport von Prysmian startet in der Fabrik Montereau in Frankreich. Dort wurde letztes Jahr mit der Produktion begonnen. Das praktische ist: dort gibt es einen angeschlossenen Hafen. Direkt an der Seine. Von dort fahren die Kabel zuerst mit Binnenschiffen nach Le Havre. Übrigens mitten durch Paris, direkt am Eiffelturm vorbei. In Le Havre laden wir die Kabeltrommeln nochmal auf Küstenmotorschiffe um und bringen sie nach Hamburg oder Rotterdam. Ab dort geht es über den Landweg weiter zu den Zwischenlagern von TenneT oder mit dem Binnenschiff Richtung Mannheim. Das ist dann insgesamt ein Transportweg von ca. 1700 km bis zum Kabellager der TransnetBW!
Konstantin Gums (KG): Die Kabeltrommeln von NKT kommen aus Karlskrona in Schweden. Auch dort hat die Kabelproduktion bereits begonnen. Sie fahren – ebenfalls per Küstenmotorschiff – zunächst nach Hamburg oder Wesel. Ab da nehmen sie den Landweg in Richtung Zwischenlager oder nutzen zuvor ein Binnenschiff in Richtung Heilbronn und von dort dann zu den Kabelzwischenlagern von der TransnetBW.
Klingt aufwendig. Über wie viele Kabeltrommeln reden wir insgesamt und wie viele passen auf ein Binnenschiff und einen Schwertransporter?
KG: Auf einem Binnenschiff können 4 Kabeltrommeln, auf einem Küstenmotorschiff 8 zur selben Zeit transportiert werden. Auf einen Schwertransporter passt dann genau eine Kabeltrommel. Und jede Schwertransport muss einzeln genehmigt werden. Das sind bei ca. 1.500 Kabeltrommeln, die insgesamt für SuedLink produziert werden, also mehrere tausende multimodale Transporte. Und dann müssen die Kabel später auch noch vom Kabelzwischenlager zu den Baustellen gebracht werden. Das sind dann jeweils nochmal ca. 1.700 Transporte.
Kabelzwischenlager
Alle Kabel für SuedLink werden erstmal in sogenannte Kabelzwischenlager gebracht. Die sind mehrere Hektar groß, liegen nah am SuedLink und können so die zugehörigen Baustellen in kürzester Zeit mit Kabeln versorgen. Jedes der insgesamt acht Lager beliefert Baustellen im Radius von ca. 100 Kilometern. So erreichen die Schwertransporte in einer Nacht jede Zielbaustelle.

Ihr hattet es erwähnt: nicht jede Strecke ist für einen solchen Megatransport geeignet. Wie findet man die passenden Strecken?
KG: Also, die Planung beginnt erst mal mit den Dimensionen der Trommel - wie schwer ist sie und welche Maße hat sie genau. Dann muss sich die Logistik überlegen, von wo nach wo soll diese Kabeltrommel genau bewegt werden und wo gibt es räumliche Einschränkungen. Also z.B. Brücken oder Bäume. Die entscheidende Frage ist immer: Welche Möglichkeiten haben wir für den Transport? Können wir eine Straße benutzen oder ist sie möglicherweise möglicherweise zu schmal, zu engkurvig oder zu marode? Wie sieht es mit Alternativen aus? Könne wir vielleicht wieder auf Binnenschiff ausweichen? Wenn das alles nicht geht, kann man auch ins Design der Trommel gehen. Und sie für einen Abschnitt zum Beispiel mal etwas kürzer produzieren. In der Regel versuchen wir aber, die vorhandene Abmessung der Kabeltrommeln nicht zu verändern, denn alle Abweichungen bedeuten extra Aufwand und extra Kosten.
TB: Wenn wir uns für den Transport per Straße entschieden haben, überprüfen wir die möglichen Strecken genau auf Hindernisse. Das machen wir nicht selbst, sondern beauftragen fachkundige Firmen. Die fahren mit einem Videowagen die Strecke ab und vermessen mit Laserscanner die Umgebung. Sie achten besonders auf Höheneinschränkung durch Brücken oder Bäume. Mit diesen Daten identifizieren wir die am besten geeignete Strecke. Und damit gehen wir dann auf die Behörden zu und sprechen die Einzelheiten ab. Auch umweltrechtliche Themen müssen beim Planungsprozess berücksichtigt werden. Wenn wir z.B. Bäume beschneiden, achten wir darauf, dass sie gesund weiter wachsen können und dort gerade keine Vögel brüten. Am Ende steht dann eine genehmigungsfähige Strecke fest. Im besten Fall frühzeitig. Und in jedem Fall immer in enger Abstimmung mit den Behörden. Denn die Schwertransporte werden bis zum Ende des Baus stattfinden und da ist ein konstanter und vertrauensvoller Austausch umso wichtiger.
Und eure Teams kümmern sich dann auch darum, dass die Strecken für die Schwerlasttransporter befahrbar sind? Was gibt es denn da alles zu beachten und wer ist denn für die Durchführung der Kabeltransporte verantwortlich?
TB: Die Umsetzung liegt in der Hand der Kabellieferanten. Die sind komplett mit Logistik beauftragt und haben wiederum Speditionen als Unterauftragnehmer, die die Transporte durchführen. Und die Speditionen haben dann sogenannte Installationstrupps, die dafür sorgen, dass die Fahrstrecke freigehalten wird. Die kümmern sich auch darum, wenn mal ein Straßenschild abgenommen werden muss oder neue Zuwege gebaut werden müssen. Zusätzlich gibt es noch Begleitfahrzeuge, die bei allen Transporten auf der Straße dabei sind. Manchmal gibt es auch noch Polizeibegleitung, zum Beispiel wenn Straßen gesperrt werden müssen.
KG: Wir als Vorhabenträger prüfen die Konzepte der Kabellieferanten und geben den Rahmen vor. Außerdem stellen wir sicher, dass die gesamte Logistik ordentlich beauftragt ist und alle Transportrouten genehmigt sind. Wir prüfen und überwachen die Supply Chain und die Lieferzeiten. Die Transportabwicklung und Lagerung führen die Kabelhersteller komplett selbst durch.
Vielen Dank für das Gespräch!